Frankfurt Marathon Wochenende
Wenn eine Laufsaison so bescheiden verläuft, wie meine diesjährige, dann muss von irgendwoher doch noch ein Highlight kommen. Irgendein spontanes Event, das mich wieder gnädig stimmt mit dem Laufen. Und natürlich war da nach all den abgesagten Events dieses Jahr auch noch der Wunsch nach einer neuen schönen Medaille an meiner Wand.
Laufsaison 2019 vorzeitig beendet
Für mich war bereits im Sommer klar, dass für mich die Laufsaison mit Events und großen Läufen beendet ist. Zu oft war ich für tolle Läufe wie dem Halbmarathon in Hamburg und Gelsenkirchen und dem Köln Marathon angemeldet gewesen und musste meine Teilnahme absagen oder die Startplätze weiter verkaufen. Die Angst sich erneut irgendwo anzumelden und kurzfristig auf Grund der Verletzung absagen zu müssen, war einfach zu groß. Was aber nicht heißt, dass ich nicht davon geträumt habe durch einen Zufall oder etwas Glück noch an einem Event teilzunehmen. Und so habe ich mich bei einem Gewinnspiel um einen Staffel Startplatz in einer Promistaffel des Frankfurt Marathons beworben. Was hatte ich zu verlieren? Im Idealfall konnte ich mit Daniela Bleymehl oder Anna Lena Pohl in einer Staffel laufen und so meine Saison doch noch mit einem Highlight abschließen. Einige Wochen später kam dann die ernüchternde E-Mail, dass ich leider keinen Platz in der Promistaffel gewonnen habe, mit dem Hinweis und der Frage, ob ich nicht Lust hätte in einer normalen Staffel beim Frankfurt Marathon zu laufen. Das es noch Startplätze gab, wusste ich. Aber ich war nich scharf drauf wieder einiges an Geld in einen Startplatz zu investieren, also ignorierte ich den freundlichen Hinweis und hakte damit die Saison für mich ab.
Wieder einige Tage später klingelte dann mein Handy. Am anderen Ende ein Mitarbeiter des Frankfurt Marathons, der mich fragte, ob ich die Mail erhalten hatte. "Ja klar", sagte ich und war irritiert, wieso ich deswegen angerufen werden. Er fragte, ob ich denn Lust hätte in einer Staffel zu laufen. "Lust schon, aber gerade nicht das Geld für den Startplatz und ich wüsste spontan auch keine drei Leute, die mitlaufen." Das wäre kein Problem erklärte er mir und teilte mir mit, dass sie mich einladen würden in einer der gemeldeten Team Mainova Staffeln zu laufen. Ich war natürlich super aufgeregt und sagte ihm, dass ich mir das Angebot überlegen und mich zurückmelden würde. Nach kurzer Bedenkzeit und dem Checken des Kontos buchte ich mir ein Hotel in Frankfurt und eine Hin- und Rückfahrt mit dem Bus, schrieb die Bestätigungsmail und wartete gespannt auf das Abenteuer "Frankfurt Staffelmarathon".
Mehr als nur ein Laufevent
Für mich war klar: Wenn ich jetzt diese Chance kriege, dann möchte ich das Wochenende voll ausschöpfen. Also ging es bereits am Freitag gemeinsam mit meinem Freund via Bus nach Frankfurt. Bisher war ich nur zur Buchmesse in Frankfurt und hatte von der Stadt nicht viel gesehen. Also wurde der Freitag dazu genutzt, um die Stadt unsicher zu machen. Mein kurzes Fazit: Es gibt verdammt schöne Gebäude und Ecken in Frankfurt und natürlich ist die Stadt mit ihren Hochhäusern beeindruckend, aber die Stadt hat ein verdammt offensichtliches Drogenproblem, dass einem schon nach wenigen Schritten durch die Stadt und den Bahnhof auffiel. Einen Besuch ist die Stadt auf jeden Fall wert - wohnen wollte ich dort aber nicht: ist mir einfach zu rummelig.
Nach einem Tag Sightseeing ging es am Samstag zuerst morgens um 10Uhr zum sogenannten Brezellauf. Einem Laufevent bei dem man 5km durch die Frankfurter Stadt läuft und es anschließend eine Medaille in Brezelform und sogar Brezeln zum essen gibt und man sich schonmal auf den Frankfurt Marathon einstimmt. Das ganze ist sogar umsonst und die Stimmung ist wirklich klasse. Das besondere für mich: Mein Freund hatte sich entschieden den Brezellauf mit zu laufen und das obwohl es sein erstes Laufevent und sein zweiter Lauf überhaupt war. Das machte das Erlebnis noch besonderer. Begleitet hat uns Vivien, die ich bisher nur über Instagram kannte, aber direkt in mein Herz geschlossen habe. Nach den knapp über 5 Kilometern konnten wir jeder noch eine Brezel ergattern und anschließend wurde die Messe unsicher gemacht.
Da prasselten dann nochmal super viele Eindrücke auf mich ein und ich hatte sogar das Glück und lief Philipp Pflieger über den Weg, dessen Buch ich noch vor wenigen Wochen verschlungen hatte. Schnell "Hallo" sagen und ein Foto machen und weiter gings, denn da ich mein Staffelteam noch nicht kannte, hatten wir uns zur gemeinsamen Startunterlagen-Abholung verabredet. Unterlagen abholen, sich das Interview mit Jan Frodeno anhören und dann gings für mich wieder zum Hotel. Denn mit Histaminintoleranz und einer Weizenunverträglichkeit kann man sich die Pasta Party leider schenken. Deswegen ging es für mich abends gemeinsam mit meiner besseren Hälfte was essen und zeitig ins Bett um fit für den Staffelmarathon zu sein.
Thank God it´s Raceday
Seit einigen Tagen war ich leicht erkältet, die Nase lief und manchmal kratze der Hals aber sonst ging es mir super. Und da ich mich gut fühlte, wollte ich auch auf jeden Fall in der Staffel starten. Denn mit dem zweiten Abschnitt von 6,1km hatte ich den kürzesten Abschnitt und uns ging es primär eh darum Spaß zu haben und den Marathon zu genießen. Extrem aufgeregt war ich trotzdem, denn die Veranstaltung in Frankfurt war mit einem diesjährigen Streckenrekord von 26.826 Läufern für mich ein gigantisches Event und ich hatte so Bock endlich bei einer derartigen Veranstaltung zu starten. Da für mich bis zum Start noch etwas Zeit blieb, ging es erst zum Start des Marathons und dann auf zur Wechselzone gemeinsam mit Ann-Kathrin, die ich auch über Instagram kennengelernt habe. Das wir gemeinsam zur Wechselzone gefahren sind, hat mir viel der Aufregung genommen und so hatte ich noch mehr Lust auf meinen Staffelpart. Während wir auf den Wechsel warteten, konnten wir noch beobachten, wie die schnellsten Frauen und Männer der Welt an uns vorbei rasten. Dank des Tracking wusste ich wann der Wechsel ungefähr stattfinden würde. Kurz vor meinem Start fing es dann leider an zu regnen. Obwohl mir echt ein bisschen kalt war, tat das der Stimmung keinen Abbruch.
Als ich das Klettband mit dem Tracking-Chip von Kerstins Knöchel abmachte und an meinem befestigte, schoss so viel Adrenalin durch meinen Körper, dass ich los lief und die Aufregung komplett von mir abfiel. Da ich im Training eigentlich immer mit Musik auf den Ohren laufe und diesmal Kopfhörerlos unterwegs war, konnte ich die Strecke viel besser wahrnehmen. Es regnete fast die gesamte Zeit, war kalt, aber die Stimmung auf und an der Strecke lies einen das komplett vergessen. Für meinen Abschnitt hatte ich mir vorgenommen den Lauf zu genießen, auf mögliche Schmerzen in meiner Hüfte zu hören, aber wenn möglich unter einer Pace von 6:00 zu bleiben. Zwischendurch habe ich also immer wieder auf die Uhr gesehen, Marathonläufer überholt und mich an einer Staffelläuferin im grünen T-Shirt orientiert, an der ich dran bleiben wollte. Das klappte auch super und obwohl ich öfter mal meine Nase putzen musste, konnte ich den Lauf genießen und nach 6 Kilometern den Staffelstab in Form des Chips weitergeben und auf der Uhr stand eine Zeit von 5:28. Total überraschend, dass ich für meine Verhältnisse so schnell laufen konnte, aber ich war happy.
Gemeinsam mit meinem Freund, der in der Wechselzone auf mich wartete und Ann-Kathrin, die bereits vor mir in der zweiten Wechselzone ankam, ging es dann zu Kilometer 35,7 wo sich die Cheerzone der We Run Frankfurt- Crew befand. Wahnsinns Stimmung dort! Einfach unfassbar toll was Teams auf die Beine stellen um andere zu supporten. Es gab laute Musik, Motivationsschilder, Getränke und Essen und vor allem sooo viele tolle Menschen, die trotz des Regens klatschten, die Läufer anfeuerten und wirklich alles gaben, um auch die zu pushen, die der Marathon in die Knie zu zwingen drohte. Eins kann man auf jeden Fall festhalten: Anfeuern kann genauso viel Spaß machen wie selber zu laufen und es war eine tolle Erfahrung, während ich auf Janina, unsere dritte Läuferin wartete, alle anzufeuern. Nachdem Janina 35,7km passierte, ging es für uns zum Mainova Bogen, wo wir gemeinsam mit Janina den letzten Kilometer gemeinsam in die Festhalle einlaufen wollten. Ich hatte ich in der Zwischenzeit nicht umgezogen, sondern nur eine Jacke übergezogen. Da es immer noch regnete, war mir so langsam echt kalt, aber DAS Highlight des Frankfurt Marathons, den Zieleinlauf, wollte ich mir nicht nehmen lassen.
Die erste Läuferin wollte nicht mit uns ins Ziel einlaufen, also warteten Dominique und ich gespannt auf Janina. Als wir sie endlich sehen konnten, hieß es nur schnell: Jacke aus und los laufen. Vor dem Lauf stand ich bereits in der Festhalle, aber ich kann euch versprechen: Dort zu stehen ist etwas ganz anderes, als dort ins Ziel zu laufen. Und ich kann nur erahnen wie unfassbar dieses Erlebnis sein muss, wenn man den ganzen Marathon gelaufen ist. Aber auch als Staffel war es ein unwirkliches Ereignis. Und genau dieses Ereignis hat mir fast die Tränen in die Augen getrieben. So lange Verletzungspausen dieses Jahr haben an mir genagt und ich musste in dem Moment daran denken, dass ich dieses Jahr eigentlich auch meinen ersten Marathon gelaufen wäre, aber ich war in diesem Moment nicht traurig, dass ich das nicht erleben durfte. Viel mehr war ich unfassbar glücklich und dankbar, dass ich genau hier, genau jetzt diesen Moment erleben durfte. Eine Staffel mit Mädels, die vorgestern noch Fremde waren, mit denen ich einen tollen Tag verbracht habe, die alle richtig tolle Ergebnisse abgeliefert haben und mir wieder einmal gezeigt haben, dass Laufen verbindet und es nicht immer um Bestzeiten gehen muss. Und der Zieleinlauf hat mir auch gezeigt wie dankbar ich sein kann, dass mein Körper das leisten kann (Verletzungen hin oder her). Vor zwei Jahren hätte ich das mit meinem Übergewicht nicht schaffen können oder wollen und genossen hätte ich erst recht nicht.
Und wo wir schon einmal beim Thema Dankbarkeit angekommen sind: Dankbar bin ich auch für die tollen Menschen, die ich über Social Media getroffen habe und dann endlich live und in Farbe kennenlernen durfte. Vor allem aber bin ich dankbar, dass ich so einen tollen Menschen, wie meinen Freund an meiner Seite habe, der mich zu solchen Events begleitet, mich unterstützt wo er nur kann und das obwohl er selbst bis vor kurzem Laufen so gar nichts abgewinnen konnte. Was nehme ich von diesem Wochenende noch mit? Ich möchte nächstes Jahr wieder in Frankfurt starten, vielleicht den ganzen Marathon, falls der Berlin Traum platzt, ansonsten aber gerne wieder als Staffel!